Die alte Brücke von Mostar (1556-1993) verband den christlich-kroatischen mit dem muslimischen Teil der Stadt. Gebaut wurde sie von den Türken.
Sprachwissenschaft studieren...

Grund 5: Moderne Gesellschaften sind mehrsprachig und kulturell vielfältig.

 

Eine Bahnhofsauskunft
(nach V. Hinnenkamp (1989) Interaktionale Soziolinguistik und Interkulturelle Kommunikation. Tübingen: Niemeyer, 97)

1 A......Gruß Gott. Ich Turkei fahren, was machen?
2 DB....((verstört)) Was?
3 A......Turkei fahren. Was machen?
4 DB....Ah, nix Plan.
5 A......Bitte?
6 DB....Hier is nix Türkei fahren.

7 A......Und was machen?
8 DB....Was machen?

9 A......Bitte?
10 DB..Ach geh!

So ein Gespräch ist vielleicht heute seltener. Aber was ist daran schief? Sind es nur Missverständnisse?

Die Gesellschaft ist bunt und mehrsprachig. Davon kann man sich in jeder Straßenbahn überzeugen und unsere Schulen haben ein Problem (leider eines, was noch nicht gut bearbeitet wird). Interkulturalität zeigt sich auch in der interessanten Sprachmischung, die die berühmte Brandrede des ehemaligen Bayern-Trainers Giovanni Trappatoni zeigt. Sie finden die Rede in Ton und Verschriftung mit einer Analyse von mir hier (pdf-Datei).

Wer spricht wo wann was zu wem in welcher Sprache? Keine einfache Frage, denken wir etwa an russlanddeutsche Jugendliche, die mit 5 Jahren eingewandert sind, deren Großeltern etwas Deutsch können, deren Eltern Russisch untereinander und mit den Kindern reden, deren Schulfreunde Deutsch sprechen wie ihre Lehrer (vgl. Meng 2001, Berend 1998). Oder an den häufigen Sprachenwechsel bei Kindern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist:

    
     

Auch in der modernen Literatur finden wir solche Wechsel, etwa bei Ezra Pound, in den berühmten "Cantos", hier ein Ausschnitt aus LXXIX, in dem das griechische Wort für 'Götterblut' eingesetzt ist, das im Text mythologisch passend, im Weinkrug Luchsen angeboten werden könnte:

Jede natürliche Sprache bildet räumlich und sozial begrenzte Formen aus, etwa Dialekte, Jugendsprachen, Frauensprachen, Fachsprachen usw. Meist steht sie im Kontakt und in der Konkurrenz mit anderen Sprachen. In Deutschland gibt es Millionen, die Türkisch sprechen, zunehmend wird auch Russisch verwendet. Schon lange haben wir in der Lausitz eine Minderheit, die Sorbisch, eine westslawische Sprache spricht (ca. 50 000 Sprecher/innen). Weltweit haben Chinesisch, dann Spanisch, dann Englisch die meisten Muttersprachler. Als internationale Sprache in Wirtschaft und Politik dominiert aber Englisch und scheint manche Sprachen ganz zu verdrängen, etwa aus der Wirtschafts- oder der Wissenschaftskommunikation. Mittlerweile verbreitet sich weltweit auch Spanisch immer mehr.

 

Auch innerhalb einer Gesellschaft werden viele Sprachen gesprochen. Was wir so als Chinesisch betrachten, besteht aus mehreren Sprachen. Viele Länder haben mehr als eine Amtssprache, neben größeren Sprachen werden noch zahlreiche Dialekte, die nur regional verbreitet sind, gesprochen, ja man findet gar Stadtsprachen (untersucht u.a. in Berlin, Mannheim, New York). Manche Sprachformen haben besonderes Prestige und werden gern von der aufstrebenden Mittelschicht und von Frauen übernommen, andere finden sich nur in informellen Gesprächssituationen unter Bekannten. Gruppensprachen repräsentieren in besonderer Weise die soziale Identität (z.B. bei Jugendlichen) und grenzen sich gegen andere ab.
Was wir als Sprachvariation vorfinden, ist im Grunde nur Ausdruck von Sprachwandel. So die Auffassung der Soziolinguistik.

Mehrsprachigkeit ist nicht selten konfliktträchtig. Welche Sprache kommt aufs Ortsschild, darf in den Medien und Amtsstuben, in der Schule benutzt werden, darüber kommt es zu manchmal gewalttätigen Auseinandersetzungen. Denkt man daran, wie eng sich Sprache mit der sozialen Identität verbindet, ist das nicht verwunderlich und Toleranz angezeigt.

Von besonderem Interesse ist, inwieweit in Gespräche offen oder verdeckt kulturelles Wissen eingeht und zu spezifischen Kommunikationsformen, manchmal auch zu Konflikten führt. Wir wissen z.B., dass Lächeln in China eine andere Bedeutung hat als bei uns.

Für manche ist Interkulturalität schon nicht möglich, weil der Kampf der Kulturen alles dominiert.

In Köln hält ein Autofahrer neben einem Türken.

Wo jeht et denn hier nach Aldi?
Zu Aldi.
Wat, is et schon halb sieben?
Istanbul 2005:
Schule für Medien
(Schule in türkischer
Schrift repräsentiert
)

Was ist eigentlich ein Schibboleth? Antwort

 

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