André Martinet

Sprachwissenschaftler

• geb. 1908
• studierte an der Sorbonne und in Berlin
• 1938 Professor an der École des Hautes Études in Paris
• 1947-1955 Professor für Allgemeine Sprachwissenschaft an der Columbia Universität New York
• 1955 Professor an der Sorbonne in Paris

Bedeutender Vertreter eines Strukturalismus mit funktionalem Antlitz.
Seine "Grundzüge der Allgemeinen Sprachwissenschaft" (1960/1963 dt.)
bleiben ein klassisches Einführungswerk von ausserordentlicher Klarheit.

Aus dem Vorwort der "Grundzüge":

"Die heutigen" Strukturalisten" geben übereinstimmend der synchronischen Analyse
grundsätzlichen Vorrang und verwerfen jede Introspektion. Im übrigen unterscheiden
sich Standpunkte und Methoden von einer Schule oder Strömung zur anderen weitgehend,
und hinter terminologischen Übereinstimmungen verbergen sich oft grundlegende Unterschiede.
Man muss also darauf verzichten, in ein und derselben Arbeit sämtliche bei zeitgenössischen
Sprachwissenschaftlern geltenden Lehrmeinungen darzustellen. Jeder Versuch von Synkretismus
wäre selbstverständlich zum Scheitern verurteilt. Die im folgenden dargelegten Grundsätze und
Methoden sind gegenüber anderen gekennzeichnet durch mehr Realismus und weniger Formalismus
oder a priori. Wenn der Verfasser dies in aller Bescheidenheit schreiben darf, so deshalb, weil
Unterwerfung unter die Tatsachen von den heutigen Theoretikern nicht immer empfohlen wird.
Wir werden ebensoviel Gewicht auf die Funktion der sprachlichen Einheiten legen wie auf die
Strukturen, die sie bilden. Über die Synchronie hinaus wird es dann wieder um diachronische
Fragen gehen, ohne dass natürlich die beiden Betrachtungsweisen je vermischt würden." (10)